Namibia 2008

Reisebericht

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– aufgeschrieben von Rolf (83) –

 

Freitag, 11. Juli

Um 18:20 Uhr startet unser airberlin-Jet von Düsseldorf zu einem knapp einstündigen Flug nach München. Dort wechseln wir die Maschine und gehen an Bord einer größeren der LTU nach Windhoek, die um 22:30 Uhr startet. Wir überfliegen die Alpen, Norditalien und das Mittelmeer, dann die Sahara und den Äquator.

 

Samstag, 12. Juli

Als wir über Angola sind, wird ein Frühstück gereicht. Um 6:30 Ortszeit (1 Stunde Differenz) landen wir auf dem International Airport Windhoek. Da in der südlichen Hemisphäre Winter ist, überraschen uns die tiefen Morgentemperaturen nicht. Wir übernehmen von Hertz unseren Mietwagen und fahren vom Flughafen ca. 45 km durch die Savanne in die Stadt zur "Pension Moni".

Hier, wo die beiden sich bereits vom letzten Besuch auskennen, übernehmen wir unsere Zimmer und laden unser Gepäck ab. Dann fahren wir mit dem Auto in die Stadt.

Wir begeben uns zu Fuß in die City, wo wir über die geschäftige Independence Avenue schlendern. – Wir suchen auch den Hügel mit der berühmten Christuskirche und dem Reiterdenkmal der ehemalige deutschen Schutztruppe auf.

In einem Café genehmigen wir uns draußen einen Cappucino samt deutschem Kuchen; dann kehren wir zur Pension zurück. Während ich mich mit einem Buch entspanne, gehen die beiden anderen noch einmal in die Stadt, um Ausschau nach Souvenirs zu halten. – Gegen 17 Uhr sehen wir uns nach einem Speiserestaurant um und landen in "Joe's Beerhouse", das mit seinem urigen Ambiente wie ein strohbedecktes "Bierzelt auf afrikanisch" wirkt. Es ist dunkel, eng und voll. Es gibt mehrere Sorten Wildfleisch am Spieß, so Kudu, Oryx, Springbock, Zebra, Krokodil und Strauß. Das Bier ist nach dem deutschen Reinheitsgebot gebraut und schmeckt wie bei uns. Der Parkplatz ist, wie meist in den Städten vor Restaurants oder Supermärkten, bewacht durch einen schwarzen Car Guard, erkenntlich an seiner leuchtfarben markierten Weste samt der entsprechenden Aufschrift, dessen Dienste bei der Abfahrt durch ein Trinkgeld entlohnt werden.

Die Gefahr krimineller Delikte in den Städten ist allüberall sichtbar: In den Wohnvierteln der Weißen, wo die Häuser getrennt stehen, ist der Vorgarten meist durch eine Mauer begrenzt, die oft zusätzlich mit Stacheldraht bewehrt ist, mitunter sogar mit einem weiteren elektrisch geladenen Drahtzaun darüber. Vor den Banken oder öffentlich zugänglichen Geldautomaten stehen in der Regel Wachtposten.

 

Sonntag, 13. Juli

Gegen 9 Uhr brechen wir zur Weiterfahrt von der "Pension Moni" auf und fahren auf der zumeist schnurgeraden B1 in nördlicher Richtung, die durch die endlose Savanne führt. Obwohl der im Innenspiegel unseres Wagens integrierte digitale Kompass "N" als Fahrtrichtung meldet, fahren wir im Laufe des Vormittags der Sonne entgegen. Ich kann immer noch nicht ganz begreifen, dass die alte Merkregel, die ich meine Schulkinder einst lehrte: "Im Osten geht die Sonne auf, / im Süden steigt sie hoch hinauf, / im Westen wird sie untergehn, / im Norden ist sie nicht zu sehn" in der südlichen Hemisphäre keine Geltung hat. Hier steht die Sonne mittags tatsächlich im Norden.

Beiderseits der Asphaltstraße hat man einen breiten Streifen buschfrei gehalten, möglicherweise, um hinüberwechselndes Wild rechtzeitig zu sehen. An vielen Bäumen, zumeist Kameldornakazien, hängen, einzeln oder in Gruppen, die Nester der Webervögel, gelegentlich auch die riesengroßen Gemeinschaftsnester der Siedelwebervögel. Immer wieder fallen in der gelben Savanne unterschiedlich große Termitenhügel auf, je nach der Bodenbeschaffenheit rot oder weiß. Einmal überqueren ein paar Paviane vor uns die Straße. Auch vereinzelte Springböcke und Strauße sehen wir in einiger Entfernung, hin und wieder auch ein Warzenschwein. – Erstaunlicherweise überholen wir in der siedlungsfernen Wildnis manchmal einzelne Fußgänger am Straßenrand, deren Herkunft und Ziel völlig rätselhaft bleibt. Wir vermuten, dass sie zu irgendeiner Farm gehören, die unsichtbar im Hinterland liegt. Lediglich die individuell mit Namen gestalteten Tore der Zufahrtwege sieht man schon mal.

Die von unserer Straße überquerten Flussläufe sind allesamt wasserlos; denn es ist Trockenzeit. Mich verwundert die geringe Tiefe des sandigen Flussbettes. Wenn es in der Regenzeit gefüllt ist, dürfte das Gewässer kaum mehr als einen halben Meter tief sein.

In größeren Abständen sind an der Straße saubere Rastplätze angelegt, meist unter einem einzelnen schattenspendenden Baum: runder Betontisch, 1-2 Steinbänke und eine große Abfalltonne, alles grün-weiß gestrichen. Stets sind sie leer und unbenutzt. Ich erfahre von meiner Begleitung, dass sogar vom Auswärtigen Amt dringend vor dem Aussteigen hier gewarnt wird, weil an solchen Plätzen vermehrt mit Überfällen von Straßenräubern gerechnet werden muss. So halten wir nur an anderen geeigneten Stellen an, die Schatten bieten, bleiben aber während des Imbisses stehen, unser Auto im Auge behaltend, obwohl der Verkehr minimal und die Umgebung relativ übersichtlich ist.

Im Ort Okahandja schauen wir uns kurz um, wobei das umfangreiche Angebot an afrikanischen Souvenirs an Straßen und Plätzen auffällt, namentlich auf dem am Ortseingang gelegenen bedeutenden Holzmarkt. Ich hege freilich Zweifel über die Herkunft vieler völlig gleichartiger Produkte, wie Tierfiguren oder Masken, die für mich keineswegs nach individueller Handarbeit aussehen.

Bei der Weiterfahrt auf der B1 begegnet uns auf dem Seitenstreifen ein mit mehreren Personen besetzter Maultierkarren. Er wird nicht der einzige bleiben. – In einem trockenen Flussbett beobachten wir die ersten Kudus, später in der Savanne 5 Oryx-Antilopen.

Wir biegen in die C22 ein und folgen bald links der D2512, einer reinen Sandstraße, die uns zum Waterberg führt, dessen massives Plateau nach einiger Zeit in der Ferne sichtbar wird. Unser Quartier, das Waterberg Resort, gehört zu einer ehemaligen Polizei-Unterkunft der Kaiserlichen Schutztruppe, als Namibia noch "Deutsch-Südwest-Afrika", also deutsche Kolonie war. Es wurde durch eine größere Zahl von Bungalows im afrikanischen Stil für den Tourismus erweitert. Hier am Waterberg ereignete sich 1904 eine mörderische Schlacht, als die deutsche Schutztruppe den Aufstand der Hereros blutig niederschlug. Nur wenige der unzureichend bewaffneten Gegner überlebten und wurden in die Wüste verjagt, wo die meisten umkamen.

Wir treffen gegen 15:15 ein und beziehen unser hübsches Quartier. Ein Schild warnt vor wildlebenden Pavianen, die gern das Areal aufsuchen und in den Abfalltonnen stöbern. Bärbel entdeckt in ihrem Apartment eine große getigerte Spinne an der Wand, die Thomas vorsichtig nach draußen befördert und später als Kapwandspinne identifiziert.

 

Montag, 14. Juli

Auf einer grünen Wiese zwischen den runden Bungalows äsen zwei wenig scheue Damara Dikdiks, überaus zierliche Zwergantilopen, deren große, apart geschnittenen Augen mich an jene mysteriösen "Aliens" erinnern, die angeblich in der Wüste Arizonas gefunden wurden. – Im Bereich des Nebeneingangs zum Hauptgebäude beobachten wir ausgiebig eine Gruppe herumwuselnder Zebra-Mangusten, einer Mungo-Art, von deren Existenz ich nie gehört hatte. Mitunter verschwinden sie in den schmalen Schlitzen einer Kanal-Abdeckung, als ob sie dort unten wohnten. Später sehen wir, dass sie sich vom Küchenpersonal mit Chips-Resten füttern lassen. – Auf dem buschbestandenen Campgelände sehen wir ferner einige Exemplare des Rotschnabel-Frankolin, einer afrikanischen Rebhuhnart.

Unsere Reinigungsfrau ist eine Herero, deren auffallende Tracht, zur Zeit der Christianisierung entstanden und der viktorianischen Mode entlehnt, beibehalten wurde. Neben dem langen und weiten Rock und dem gleich bunt gemusterten Oberteil tragen sie eine ungewöhnliche Kopfbedeckung: eine Art flacher Turban mit einem stabförmigen Quer-Aufsatz, als ob man den Pappkern einer Küchenrolle in Stoff gewickelt hätte.

Nach dem Frühstück im Restaurant treten wir unsere Wanderung ab Camp an, die uns auf den Waterberg führen soll, dessen wildreiches Plateau das ebene Terrain um 200 m überragt. Der Pfad ist leicht zu finden. Er führt zunächst über das flache Vorgelände, dann ansteigend nahe den felsigen Bergwänden, schließlich zunehmend über Geröllhänge, deren dicke rote Felsbrocken einiges Klettern erfordern. Zwischen Buschwerk und Bäumen kann man immer wieder in die Ebene schauen, wo wir einmal in einem mit hohen Gras bestandenen Gelände ein Rudel Paviane beobachten. Auf einer Gruppe großer Felsen zur Talseite hin entdecken wir die ersten Klippschliefer, die hier heimisch sind. Diese possierlichen Tiere ähneln ein wenig den Murmeltieren, mit denen sie freilich nicht verwandt sind. Statt dessen sind sie verblüffenderweise zoologisch mit Elefanten und Seekühen verwandt, worauf ein Laie natürlich niemals kommen würde. – Thomas pirscht sich für ein Foto, halb auf dem Felsen liegend, an ein Tier heran, das nicht nur stille hält, sondern neugierig näher kommt, so dass er es mit der Hand erreichen könnte.

Auf unserem Bergpfad stoßen wir immer wieder auf tote und lebende Exemplare des Scarabäus: Ein relativ großer schwarzer Käfer, der den Ägyptern heilig war und in Edgar Allan Poes Novelle "Der Goldkäfer" eine wichtige Rolle spielt.

Als wir auf einem Bergvorsprung eine besonders schöne Aussicht auf die Kalahari unter uns erleben, beschließen wir, auf den letzten schwierigen Anstieg durch eine steile Geröllschlucht zu verzichten. – Nach einer ausreichenden Rast beginnen wir den Abstieg, der wegen der Geröllstrecken nicht weniger anstrengend ist als der Aufstieg. Immerhin verstaucht sich keiner den Knöchel; und ich stelle voller Genugtuung fest, dass ich diese Wanderleistung ohne Schwierigkeiten bewältigen konnte.

Als wir im Camp eintreffen, erfahren wir von anderen Gästen, dass sich in einem benannten Bereich des Areals Paviane aufhalten. Wir mobilisieren deshalb unsere letzten Kräfte und suchen diese Stelle des ausgedehnten Resorts auf. Tatsächlich haben wir Gelegenheit, das Rudel der Paviane aus nächster Nähe zu beobachten. Es sind männliche wie weibliche Tiere darunter, sowie Junge.

 

Dienstag, 15. Juli

Nach dem Frühstück brechen wir auf und fahren zurück zur B1, bei der Weiterfahrt sehen wir Springböcke, Paviane und Strauße.

In Otjiwarongo suchen wir auch den lokalen Bahnhof auf, wo auf dem Platz vor dem Bahnhofsgebäude eine Oldtimer-Dampflok steht, deren deutsche Aufschrift ihre Herkunft (Henschel-Werke Kassel) verrät.

Kurz vor Tsumeb nutzen wir die Gelegenheit, ein kleines Freilichtmuseum zu besichtigen, in dem wir die einzigen Besucher sind. Der schwarze Car Guard auf dem Parkplatz ist diesmal sogar mit einem Spezial-Gewehr zum Abfeuern von Gummigeschossen bewaffnet, das über seiner Schulter hängt. – Neben Exponaten im Innern des flachen Gebäudes können wir draußen in Bereichen, die durch Originalzäune abgetrennt sind, die Wohnhütten verschiedener ethnischer Gruppen Namibias anschauen und betreten. Eine junge zierliche Buschmann-Frau mit zwei kleinen Kindern, die dort tatsächlich zu wohnen scheint, verlässt ihren Feuerplatz im Freien, wo sie in einem Eisentopf das Essen kocht, und führt uns durch die diversen Wohnplätze. Ihr Name ist überraschenderweise Erika, ihre Kleinen heißen Maria und Tobias. Ihr Englisch reicht für eine einfache Verständigung.

In Tsumeb, wo es eine stillgelegte Kupfermine gibt, deren Förderturm noch steht, drehen wir eine Extrarunde, um einen Eindruck der Örtlichkeit zu gewinnen. Ein gewisser Wohlstand ist nicht zu übersehen; unter den blühenden exotischen Büschen in den Vorgärten erkenne ich nur die Bougainvillea mit ihren leuchtenden Scheinblüten.

Wir folgen der B1 nach Nordwesten und erreichen über die C38 die Mokuti Lodge, unser nächstes Quartier, das noch außerhalb des Etosha-Nationalparks liegt, wenn auch dicht dabei. Wer in diesem riesigen Gebiet des Parks, das etwa der Größe der Schweiz entspricht, keine Unterkunft nachweisen kann, muss das eingefriedete Gebiet vor Sonnenuntergang verlassen. Thomas und Bärbel haben aber durch frühzeitige Buchung dafür gesorgt, dass wir an zwei verschiedenen Stellen Quartiere innerhalb des ausgedehnten Naturparks haben, der keineswegs ein "Safari-Park" mit kommerziellen Charakter ist, sondern pure Natur-Wildnis mit einem kaum vorstellbaren Wildreichtum. Als wir im Camp unsere Bungalows aufsuchen, begegnen wir als erstes einem Rudel von 10 freilaufenden Buntböcken, die ungeniert zwischen den Hütten auf den Grasflächen äsen.

Unser vorzügliches Dinner vom Buffet nehmen wir draußen auf der Veranda an rustikalen Holztischen ein.

 

Mittwoch, 16. Juli

Wir suchen vor der Abfahrt noch die zum Camp gehörende Reptilfarm auf, wo uns der kundige schwarze Tierwärter interessante Erläuterungen beisteuert. Die mit niedrigen Betonmauern eingefassten tiefen Gehege zeigen die meisten Schlangenarten Namibias, darunter die berüchtigte Schwarze Mamba, deren Biss unwiderruflich tödlich ist. Die Baumschlangen erkennt man oft erst auf den zweiten Blick, und die Vorstellung, ihnen beim Durchstreifen eines Buschgeländes ahnungslos zu nahe zu kommen, erzeugt ein leichtes Grauen. Auf dem Weg durch das weitläufige Camp-Areal sehen wir mehrere einheimische Vogelarten, so den Rotschnabel-Toko, Bülbül, Rotschulter-Glanzstar und Graulärmvogel. Ein zutrauliches kleines Pelztier, dem Erdhörnchen ähnlich, aber ohne dessen Streifen, können wir ebenfalls eine Weile beobachten, bis es in einem Baum verschwindet.

Gegen 10 Uhr starten wir zu unserer ersten Autofahrt durch die Etosha. Wir passieren das östliche Von-Lindequist-Gate, das seinen Namen von dem deutschen Begründer des Parks hat (1909), wo wir registriert werden. Nach kurzer Weiterfahrt auf der weißen Schotterstraße gelangen wir zum Fort Namutoni, einem weißen kubischen Bau aus der deutschen Kolonialzeit mit einem ansehnlichen Innenhof, der freilich ein späterer Neubau ist, nachdem das Original 1904 einem Angriff der zahlenmäßig weit überlegenen Ovambo nicht standhalten konnte (es gab nur 7 Verteidiger, die sich retten konnten). Der Bau dient heute als Lodge für Touristen.

Man darf im Etosha-Park die Wege nicht verlassen und auch keinesfalls das Auto. Für körperliche Bedürfnisse gibt es stellenweise primitive Toiletten, die in einem eingezäunten Platz errichtet wurden, in den man durch ein verschließbares Tor einfahren kann. In einem Fall lag das Tor freilich defekt am Boden, in einem anderen fehlte die eigentliche Toilette. Es ist zweifellos ratsam, die Gefahr von Löwen und Leoparden im Auge zu behalten. – Wir fahren das erste Wasserloch Klein-Namutoni an, an dessen Rand sich eine große Zahl Geier niedergelassen hat. Ständig wechseln die Wildarten, die zumeist in Gruppen zum Trinken kommen, so Kudus, Giraffen, Zebras, Impalas und eine große Gnu-Herde. – Auch am Wasserloch Chudop gibt es wieder einiges zu sehen, darunter eine Kudu-Herde. Das Wasserloch Kalkheuwel erweist sich wieder als besonders ergiebig: Hier können wir drei Elefanten beobachten, Elenantilopen, eine Zebra- und eine Impala-Herde sowie Steinböckchen. Die 24 Zebras am Wasserloch Okerfontain sind schon nichts Besonderes mehr. Bei der Weiterfahrt sehen wir eine Gackeltrappe (die zu den Kranichvögeln gehört), am nächsten Wasserloch Kuhantilopen, eine Springbock-Herde, Kudus mit Jungen und sogar Erdmännchen, die immer wieder ihre possierliche aufrechte Haltung mit hängenden Vorderpfötchen einnehmen, und die wir hier gar nicht erwartet hätten.

Nachdem wir auch dem Wasserloch Goas einen Besuch abgestattet haben, erreichen wir unser heutiges Quartier Halali, mitten im Naturpark gelegen. Unsere Unterkunft besteht aus typisch afrikanischen Bungalows. Während ich mich am Abend zur Ruhe zurückziehe, suchen Thomas und Bärbel für einige Zeit noch das beleuchtete Wasserloch auf, wo sie tatsächlich ein Nashorn mit Jungtier beobachten können sowie eine Tüpfelhyäne.

 

Donnerstag, 17. Juli

Nach dem Frühstück im Camp-Restaurant setzen wir unsere Beobachtungsfahrt zu den Wasserlöchern fort. Anstatt weiter in westlicher Richtung zu fahren, kehren wir noch einmal ein Stück zurück, um das Wasserloch Nuamses anzusteuern. Hier sehen wir erstmals 4 Kronenducker, die zu den Hornträgern gehören und unserem Reh ähneln. Ferner je eine Herde Kuh- und Oryx-Antilopen.

Auf dem Weg zur nahegelegenen Etosha-Pfanne begegnen wir einer Riesentrappe. – Eine Springbock-Herde überquert vor uns die Straße; in der Nähe beobachten wir 4 Gnus.

Die Etosha-Pfanne liegt mit einer Ausdehnung von etwa 60x110 km in der östlichen Hälfte des Naturparks und wirkt wie ein riesiger Salzsee. Am Südufer können wir ein Stück auf einem festen, aber schmalen Damm hineinfahren zum Etosha Lookout. Hier könne wir ausnahmsweise aussteigen und die trockene Oberfläche der Pfanne näher in Augenschein nehmen. Sie ist hellgrau, hat viele Trockenrisse und ähnelt gelöschtem Kalk. Das Betreten sollte man unterlassen, denn die Masse ist weich und hat die Konsistenz von Pudding. Ein unvorsichtiger Fahrer ist beim Wenden auf dem Damm vom festen Weg abgekommen; nun versucht ein Allradwagen, sein Fahrzeug wieder zurückzuziehen.

Auf dem Rückweg sehen wir eine große Zahl von Springböcken und Zebras mit Jungen. An der Wasserstelle Rietfontain versammeln sich Zebras und Giraffen. Bei letzteren handelt es sich hier um die Art, bei der die Grundfarbe des Fells zwischen der weißen Zeichnung braun ist anstatt beige. Jetzt sehe ich auch den ersten Schildraben aus der Nähe. Auf der Weiterfahrt entdecken wir eine Menge Perlhühner, die wohl als Namibias Symbol-Vogel gelten, denn man sieht sie allenthalben nachgebildet in Souvenir-Shops. – Am Wasserloch Salvadora, direkt an der Pfanne gelegen, stoßen wir auf Strauße beiderlei Geschlechts (wie wir an der Färbung erkennen können) und einige Elefanten. Auch ein Schildrabe stellt sich ein. Drei weiter aufgesuchte Wasserlöcher erweisen sich als trocken, was natürlich auch die Tiere fernhält (Einige der etwa 40 Wasserstellen der Etosha werden deshalb durch unterirdische Wasserleitungen versorgt). Schließlich läuft uns noch ein Schabrackenschakal über den Weg.

Als wir auf einen Seitenweg abbiegen wollen, sehen wir dort einen kapitalen Elefantenbullen nahe am Weg stehen, an dem wir nun vorbei müssten. Da er unsere Annäherung missverstehen könnte, verzichten wir auf die Vorbeifahrt und nehmen einen anderen Weg.

Kurz vor 17 Uhr erreichen wir unser nächstes Quartier: Okaukuejo. Unsere hübschen Rundhütten haben die beste Lage von allen im Camp: Sie liegen unmittelbar vor einer Wasserstelle; es sind nur wenige Schritte bis zu einer brusthohen Mauer, vor der mehrere Beobachtungsbänke stehen. Selbst vom Bungalow-Eingang aus kann man mühelos die Tiere an der Tränke beobachten. Unter ihnen auch einige Schabrackenschakale. Abends kommen zwei Elefanten mit Jungen. Bei Eintritt der Dunkelheit (was schon etwa zwischen 17:30 und 18 Uhr der Fall ist) wird ein Scheinwerfer eingeschaltet, der die Szenerie am Wasserloch ausleuchtet. Die Tiere lassen sich nicht dadurch stören, und bald erscheinen tatsächlich zwei schwergewichtige Nashörner. Ihre mächtigen Leiber spiegeln sich im Wasser, während sie sich zu beschnuppern scheinen. Dann trinken sie und trollen sich wieder.

Das Innere unseres Bungalows ist recht geschmackvoll gestaltet. Das noch nicht herabgelassene und anmutig geraffte Rundum-Moskitonetz über dem Doppelbett gibt der Schlafstelle etwas märchenhaft Vornehmes. Das Interieur wirkt wie eine gediegene Mischung aus Eleganz und afrikanischer Rustikalität.

Das Dinner wird im großen Speisesaal serviert, der voll besetzt ist. Dabei erwartet uns eine Überraschung: Eine gemischte Gruppe von Schulkindern unterschiedlichen Alters in roter Schulkleidung singt und tanzt auf gekonnte Weise bei afrikanischer Trommelmusik. Wie sich herausstellt, handelt es sich um Kinder der schwarzen Angestellten unserer Lodge, die gemeinsam eine Schule in der Nähe besuchen.

 

Freitag, 18. Juli

Als wir am Morgen vor unseren Bungalow treten, wimmelt es am Wasserloch vor uns von Hunderten von Zebras, Springböcken, Oryx-Antilopen, Gnus u.a.

Am Vormittag setzen wir unsere Expedition zu den restlichen Wasserstellen fort, die wir im westlichen Teil der Etosha noch nicht besucht haben, unter anderem Olifantsbad.

Am Wasserloch Gemsbokvlakte beobachten wir vom etwas erhöhten Parkplatz aus neben anderen Tieren einige Elefanten an der Tränke. Als sie genug haben, wendet sich ein großer Bulle in unsere Richtung und kommt gemächlich auf uns zu. Wenige Meter von unserem Auto geht er an uns vorbei, uns aufmerksam im Auge behaltend. Sein Rüssel schwenkt ein wenig in unsere Richtung, und der "Finger" an seinem Ende scheint auf uns zu deuten, als wolle er sagen "Keep out!" (Haltet euch fern!).

Als wir zu unserem Camp zurückkehren und unser Blick auf die Wasserstelle vor unseren Bungalows fällt, sehen wir dort drei Elefanten stehen, quasi "vor unserer Haustür". – Auf einige letzte Wasserloch-Besuche verzichte ich und überlasse sie Thomas und Bärbel, während ich mich ein wenig entspanne.

 

Samstag, 19. Juli

Unser Aufenthalt in der Etosha ist beendet, und wir müssen das Camp Okaukuejo verlassen. Zum Ausgang des Parks geht es ca. 15 km nach Süden, wobei wir unterwegs einige Giraffen beobachten. Bevor wir das Schutzgebiet endgültig durch das Ombika Gate verlassen, suchen wir noch das gleichnamige Wasserloch in der Nähe auf und begegnen zum Abschied dort einigen Elefanten.

Nachdem wir auch noch ein Exemplar des seltenen Sekretärs am Buschrand daherschreiten sahen, geht es auf der C38 in südlicher Richtung weiter nach Outjo, während sich rechterhand die Fransfonteinberge aus der Savanne erheben. Eine Zeitlang begleitet uns links von uns eine der seltenen Eisenbahnlinien; wir bekommen aber keinen Zug zu sehen. Vor Otjiwarongo biegen wir nach Südwesten ab auf die C33, hier geht die Asphaltstraße in eine Gravel Road (Schotterpiste) über. Hinter Kalkfeld wird die Dornbuschsavanne hügelig, und hier und da wird sie von halbrunden Felsbergen, möglicherweise Monolithen, überragt. Bald entdecken wir das Zufahrtstor zum Immenhof, unserem nächsten Ziel. Die 21 km lange Piste zur Farm ist wellig wie eine Achterbahn, und wir müssen unterwegs mehrere eiserne Doppeltore öffnen und wieder schließen, bis wir die abgelegene Farm erreichen.

Der Immenhof ist eine Gäste- und Jagdfarm inmitten der ausgedehnten Dornbuschsavanne. Der flache Gebäudekomplex ist bei aller Bescheidenheit ansehnlich; das Interieur wirkt auf mich eher herrschaftlich. Die Besitzer sind Friedhelm und Ria von Seydlitz. Friedhelms Großvater bekam bei seiner Zuwanderung 1908 das Farmland von der deutschen Kolonialregierung übereignet. Der Versuch, das Land durch Viehhaltung zu nutzen, wurde ebenso aufgegeben wie die Zucht von Karakulschafen, weil das riesige Gebiet nicht groß genug für diese Art der wirtschaftlichen Nutzung war. Schließlich stieg man um auf Wildhaltung und Jagd. Alle jagdbaren Tiere sind Eigentum der Farm; manche Gäste kommen nur der Jagd wegen her. Gelegentlich wird der Tierbestand durch Zukauf ergänzt. Es gibt auch Geparden auf dem Farmgebiet, die oft Großwild reißen, es aber nicht ganz verzehren, so dass einzelne Exemplare abgeschossen werden müssen. – Auf der Farm sind schwarze Angestellte damit beschäftigt, die gejagten Tiere zu präparieren, damit die Jäger zu ihren Trophäen kommen.

Wir werden bei der Ankunft mit einem Begrüßungsgetränk empfangen. Dann gibt es draußen im Schatten Kaffee und Kuchen. – Während wir im Hof bzw. Garten sitzen, zu dem auch ein Pool gehört, nähert sich ein wildlebender Kudu, der ohne Scheu das farmnahe Gelände durchstreift.

Das vorzügliche Dinner vom Buffet (natürlich Wildgerichte) wird gemeinsam mit den anderen Gästen verschiedener Nationen und der Familie von Seydlitz an einem langen Tisch in der Halle eingenommen.

 

Sonntag, 20. Juli

Am Vormittag machen Thomas, Bärbel und ich einen kleinen Ausflug in die Umgebung, bleiben aber auf dem Weg. Einige schwarze Kinder, 5-6 Jahre alt, begleiten uns, ebenso 2 Hunde der Farm. Ein älterer Junge schiebt eine blecherne Karre, in der er sein kleines Brüderchen transportiert. Da die zutraulichen Kleinen noch kein oder kaum Englisch sprechen, verständigen wir uns auf andere Weise, so gut es geht.

Für den Nachmittag ist unsere Teilnahme an einer Rundfahrt über das Farmgelände mit anschließendem sogenannten "Sundowner" vorgesehen. Wir besteigen mit anderen Gästen ein Allrad-Fahrzeug, das mit Sonnendach und Sitzbänken ausgestattet ist; Fahrer ist Werner von Seydlitz. Ich genieße diese rasante "Safari" auf holperigen Wegen durch den afrikanischen Busch, in dem wir auch dem einen oder anderen Wild, wie Kudus und Rappenantilopen, begegnen. An einer Felsengruppe steigen wir aus und klettern ein Stück hinauf, um uns prähistorische Zeichnungen an den Wänden anzusehen, die der Großvater Werners vor fast hundert Jahren bei der Inspektion seines Farmgebietes entdeckt hatte. Es handelt sich um die Darstellung menschlicher Figuren, die offenbar auf der Jagd sind. – Eine weitere Sehenswürdigkeit sind die "Klingenden Steine", die Werner uns einige Zeit später an anderer Stelle vorführt: Mehrere tonnenschwere Granitbrocken liegen zufällig derart instabil auf dem Untergrund, dass sie beim Anschlagen mit einem faustgroßen Stein hörbar zu schwingen beginnen und ein metallisches Klingen erzeugen. Einige alte vertiefte Schlagstellen deuten darauf hin, dass dieses ungewöhnliche Phänomen schon vor undenklichen Zeiten von den Ureinwohnern erkannt und genutzt wurde, möglicherweise zu rituellen Zwecken.

Gegen Ende der verschlungenen Runde durch das riesige Farmgelände erreichen wir einen größeren halbrunden Hügel, einen Monolithen, der sich unvermittelt aus der Savanne erhebt. Unser Allradfahrzeug schafft es, an einer günstigen Stelle hinaufzufahren, und oben auf dem leicht gewölbten Plateau steigen wir aus. Während wir mit einer Auswahl gekühlter Getränke und Snacks beköstigt werden, warten wir auf den bevorstehenden Sonnenuntergang (daher "Sundowner"). Als die rote Sonne eindrucksvoll hinter dem Horizont versinkt, ist die Sicht bis zum letzten Augenblick klar, denn es gibt keine Dunstglocke und keinen Lichtsmog, der das selten gewordene Schauspiel beeinträchtigen könnte.

 

Montag, 21. Juli

Wir haben das Frühstück auf 6 Uhr vorverlegt, denn heute ist der Flug ins Kaokoveld zu den Himbas vorgesehen. Es liegt im Nordwesten Namibias, nahe der Grenze zu Angola. Unser Pilot ist Friedhelm selbst (alternativ fliegt auch sein Sohn Werner). Wir fahren mit einem alten VW-Bus zum nahen farmeigenen Flugplatz, wo wir gemeinsam die einmotorige Cessna 210 aus dem Hangar rollen. Sie ist 38 Jahre alt und recht vertrauenswürdig.

Nach dem Warmlaufen des Motors starten wir und gewinnen bald an Höhe. Unter uns weitet sich die schier endlose graue Dornbusch-Savanne. Die Landschaft ist flachwellig. In der Ferne erheben sich einige vereinzelte rundbuckelige Monolithen. Wir überfliegen die Fransfonteinberge, und ich staune, unter mir geologische Formationen zu erblicken, die an die weltberühmten Felsburgen des Monument Valleys in Utah erinnern. Auch die Fingerklippe zeigt sich, ein schlank aufragender Fels. Bald erkennen wir unter uns auch den westlichen Teil des Etosha Naturparks. – Die Dornbuschsavanne ist inzwischen durch die Mopanesavanne abgelöst worden, die ihren Namen nach der hier vorherrschenden Baumart hat. Hin und wieder zeigen sich runde Dorfsiedlungen in der Wildnis oder rechteckig angelegte Felder.

Nach etwa 2 1/2stündiger Flugzeit setzen wir auf einem rotgrundigen kleinen Flugplatz zur Landung an, wo wir von einem Pickup mit Bänken auf der Ladefläche erwartet werden, sowie von einem kleinen "Empfangskomitee" der Himbas. Zwei Frauen und mehrere Jungen unterschiedlichen Alters sind dabei. Friedhelm ist ihnen als Freund bekannt und hat ihnen einen neuen gelben Lederfußball mitgebracht, der freilich beim Aufpumpen wenig Neigung zeigt, prall zu werden. Da Friedhelm auch so etwas wie einen "weißen Medizinmann" für die Himbas darstellt, hat er nicht nur eine Anzahl brauchbarer Medikamente mitgebracht (einschließlich der von uns gespendeten), sondern beginnt gleich, mehrere Jungen zu verarzten: Einer hat den kahlen Kopf voller Schorf oder Grind, ein anderer einen Furunkel am Gesäß, der nun unter Tränen des kleinen Patienten behandelt wird.

Dann fahren wir mit dem Wagen zum Wohnplatz der Familie. Es handelt sich bei den wenigen Rundhütten jedoch nicht um ein Dorf, sondern nur um die Niederlassung einer einzigen Familie. Bei den Himbas darf ein Mann bis zu drei Frauen haben, sofern er wohlhabend genug ist, den Preis in Form von Rindern, Ziegen oder Schafen an die Väter zu bezahlen. Jede Frau bewohnt ihre eigene Hütte mit den Kindern, aber sie verbringen den Tag beieinander. Männer sehen wir keine; sie sind mit der Herde unterwegs; denn die Himbas sind nomadisierende Hirten. Schon ab sechs Jahren lernt der Himbajunge das Viehhüten. Im Kral blieb lediglich eine Gruppe weißer Zicklein zurück, die meist auf dem kahlen roten Boden liegen.

Die Frauen und geschlechtsreifen Mädchen sind bis auf einen Lendenschurz aus Lederresten nackt, ihre Haut ist mittels einer Mischung aus Butterfett und Ocker rot gefärbt; das Haar ebenfalls und zu vielen Zöpfen gedreht, die mich an die Fischspezialität "Schillerlocken" erinnern. Sie tragen selbstgefertigten Schmuck. Die Männer und Jungen im entsprechenden Alter sind mit geschwärztem Fett eingerieben; ihre Köpfe sind kahlgeschoren bis auf einen schmalen Mittelstreifen, dessen Haar lang gewachsen und zu einem spitz zulaufenden Zopf geflochten und durch Fett fixiert ist, der anschließend in ein Stück Stoff gerollt wird. Dieser Kopfschmuck ragt nun wie ein Horn nach hinten oben. Auch sie sind nackt bis auf einen Lendenschurz aus bunten Textilresten.

Wir dürfen in Begleitung Friedhelms eine der fensterlosen Hütten betreten, in der zwei Frauen am Boden sitzen, zwischen ihnen ein schwach rauchendes Feuer, über das ein tütenförmiger durchlässiger Aufsatz gestülpt ist, teilweise mit Metall verziert. Unser "Guide" unterhält sich mit den Frauen, indem er Herero spricht, währen sie einen verwandten Dialekt verwenden.

Neben einer anderen Hütte ist eine Frau damit befasst, Essen auf einem offenen Feuer zuzubereiten, während zwei nackte Kinder neben ihr spielen.

Wir erfahren des weiteren einiges über die Lebensweise der Himbas (die sich einst vom Hererovolk abspalteten), ihre seltsamen Erbregeln (nicht die Kinder erben, sondern die Neffen; die eigenen Kinder wiederum beerben den Onkel) und anderes. In der Mitte des Wohnplatzes brennt (normalerweise) ein heiliges Herdfeuer, das nicht verlöschen soll; wobei der Bereich zwischen der Feuerstelle und der Hütte der Hauptfrau nicht betreten werden darf.

Wir beenden unseren Besuch bei der Himbafamilie, nachdem wir von dem bescheidenen, aber originären Angebot an selbstgefertigten Souvenir-Objekten (vor allem Schmuck und sorgfältig geflochtene Gefäße) einiges abgekauft haben und verabschieden uns. – Wir fahren weiter zu einem einsam gelegenen Friedhof des Stammes, dessen Gräber mit ausladenden Rinderhörnern geschmückt sind. Ein einzelnes Grab wirkt etwas deplaziert, weil hier die afrikanische Kultur mit westlichem Stil (und hier nicht gerade dem geschmackvollsten) vermischt wurde.

Der Pickup bringt uns nun einige Kilometer weiter durch die einsame, überwiegend kahle und felsige Wildnis zur Lodge Epupa Falls, die recht attraktiv an einem palmenbestandenen Gewässer liegt, offenbar dem Kunene River, und wo man uns einen Imbiss und ein Getränk serviert. Anschließend suchen wir den nahen Wasserfall Epupa Falls auf, der spektakulär in eine Schlucht stürzt, wegen der Trockenzeit aber nicht die maximale Wasserführung hat.

An dieser Stelle haben wir noch ein deprimierendes Erlebnis: Bärbel entdeckt einen kleinen schwarzen Himba-Jungen, dessen T-Shirt der Aufdruck (den er vermutlich gar nicht lesen kann) ziert: "I am HIV-positive". Sie macht den sprachkundigen Friedhelm darauf aufmerksam, und dieser fragt den Jungen, woher er das Kleidungsstück habe. Antwort: Es sei das Geschenk eines Touristen! – Es ist uns allen unbegreiflich, was einen Weißen dazu bewegen könnte, dem afrikanischen Kind ein solches "Geschenk" zu machen. Pure Gedankenlosigkeit oder bewusste Infamie?

Nachdem wir mit dem Pickup zur Start- und Landebahn ("Flugplatz" wäre wohl zuviel gesagt) zurückgekehrt sind, besteigen wir wieder unsere Cessna und treten den Heimflug an. Diesmal wird mir der Copilotensitz zugeteilt, und ich stelle mit Erstaunen fest, dass die umfangreiche Armaturentafel im Cockpit derart hoch reicht, dass man zwar in den Himmel, aber keineswegs wie beim Auto geradeaus schauen kann. Obwohl Friedhelm erheblich größer ist als ich, kann auch er beim Startmanöver die Startbahn nicht einsehen. Diese Erkenntnis reduziert mein bisheriges Sicherheitsgefühl beim Fliegen mit einem Kleinflugzeug merklich.

 

Dienstag, 22. Juli

Gegen 10 Uhr brechen wir auf zur Weiterfahrt: Es geht zurück über die wellige Piste zur C33, wir passieren zur Rechten den Elefantenberg und erreichen Omaruru, wo wir nach Westen über die C36 abbiegen. Unterwegs überrascht uns in der menschenleeren Einsamkeit der Dornbuschsavanne an der Straße das Zufahrtstor zu einer "Martin Luther Highschool", von der selbst weit und breit nichts zu erblicken ist; – ein weiteres Schild weist darauf hin, das es "10 km bis zur Direction" sind.

Die Savanne wird offener, und wir legen neben der Straße eine Kaffeepause ein (in den meisten Quartieren können wir Kaffee oder heißes Wasser in den Thermosflaschen für einen Nescafé unterwegs mitnehmen). Beim Umschauen gerät eine davonhuschende Eidechse und kurz darauf eine unbekannte Schlange in unser Blickfeld. Auch Affenbrotbäume sind hier zu sehen.

Vor uns erhebt sich in der Ferne der Brandberg (2573 m). Wir kommen durch die ehemalige Minensiedlung Uis (Zinn und Wolfram), bei der ein starker Kontrast zwischen wohlhabend wirkenden, blumengeschmückten, aber stark gesicherten Anwesen im Ort und trostlosen Elendshütten außerhalb auffällt. – Dort werden den vorbeikommenden Touristen Halbedelsteine angeboten, die man im Abraum gefunden hat. Bei der Weiterfahrt über die C35 nach Südwesten begegnen wir einer Rüppeltrappe, dann geht die Landschaft allmählich in eine vegetationsarme Steppe und später in die trockene und kahle Wüste des Erongo über. Die Außentemperaturen steigen entsprechend.

Gegen 16:30 erreichen wir Hentiesbaai, ein Ort an der Atlantikküste. Unser gebuchtes Quartier ist das Byseewah Guesthouse, bei dem ich ein Zimmer im Obergeschoss mit Meerblick beziehe. Das Haus ist offenbar ein beliebter Standort für Sportfischer, denn kapitale Fischtrophäen und Fotos davon sind überall anzutreffen. Sogar der Bettvorleger und die Servietten zeigen Fische als Dekor. Nach dem Ausladen unseres Gepäcks machen wir uns sogleich auf den Weg zum nahen Strand, dem wir eine Zeitlang in nördlicher Richtung folgen. Beim Blick über den endlosen Atlantik wird uns klar, dass vor uns bis Südamerika viele tausend Kilometer nichts als Wasser ist. – Der bald darauf beobachtete Sonnenuntergang am Meer wird ein besonderes Erlebnis.

 

Mittwoch, 23. Juli

Obwohl unser heutiges Etappenziel eigentlich das südlich gelegene Swakopmund ist, fahren wir nach dem Frühstück auf der Küstenstraße C34, einer Salzpiste, zunächst ein Stück nach Norden. Die Piste führt wieder durch vegetationsarme, ebene Wüstenlandschaft. Immerhin ist hier eine geschützte Flechtenart heimisch, die auf dem Gestein überleben kann. Hinter einer Abbaustelle für Quarze stehen am Straßenrand, offenbar von den Arbeitern aufgestellt, immer wieder Blechtonnen mit einer Platte darüber, auf der rosa und weiße Quarzbrocken zum Kauf angeboten werden. Hierzulande ungewohnt, steht dabei auch frei zugänglich eine Art Spardose, in die man die auf den Preisschildern genannten Münzen einwerfen kann.

Nachdem wir den Lagunenberg auf der Landseite hinter uns gelassen haben, gelangen wir zum Cape Cross. Hier stoßen wir auch auf das Steinkreuz (dem später noch ein zweites hinzugefügt wurde), das dem Ort seinen Namen gab, und das 1484 von dem portugiesischen Seefahrer Cão bei der Entdeckung gesetzt wurde. Wir stellen den Wagen auf dem Parkplatz ab und begeben uns an die von roten Felstrümmern übersäte Küste. Von einem hölzernen Umgang aus bietet sich nun ein spektakulärer Anblick: Tausende von Ohrenrobben bilden hier die berühmte Kolonie, die zu anderen Jahreszeiten noch größer sein soll. Die meisten Tiere ruhen sich auf den Steinen aus, einige schmusen oder kalbern miteinander, andere, meist junge, tummeln sich, auf dem Rücken liegend, im Wasser oder spielen in der Brandung. Wir sehen im Sand auch Spuren von Schakalen oder Hyänen, die sich gern junge Robben zum Fraß holen, und hier und da Knochenreste ihrer Mahlzeiten.

Wir fahren die Küstenstraße C34 wieder zurück und weiter nach Swakopmund. Unsere Unterkunft ist das Hotel d'Avignon, wo wir kurz vor 16 Uhr eintreffen. Auch hier logierten Thomas und Bärbel vor 5 Jahren schon einmal. Wir laden unser Gepäck aus, dann streifen wir durch die Stadt

Swakopmund hat den Ruf, in puncto Kriminalität ein besonders heißes Pflaster zu sein. Der Innenhof unseres Hotel beispielsweise wird von zwei großen Hunden bewacht, die offenbar zwischen harmlosen Gästen und unerwünschten Eindringlingen zu unterscheiden wissen. Nach Einbruch der Dunkelheit sollen wir unnötigen Aufenthalt in den Straßen vermeiden. Wir beschränken uns deshalb für unser Dinner auf einen kurzen Gang zu einem Seafood-House in der Nachbarschaft namens "Kücki's Pub".

 

Donnerstag, 24. Juli

Gegen 10 Uhr fahren wir mit unserem Wagen hinaus aus der Stadt, um eine Runde über den sogenannten Welwitschia-Drive zu drehen. Dazu benötigt man ein Permit, das wir vorher besorgen müssen. Die Landschaft ist karg. Wir schauen uns die berühmte "Mondlandschaft" an, die am Wege liegt, deren Name nicht weiter erklärt werden muss. Endlich sehen wir beiderseits der Piste die ersten Welwitschias verstreut in einem Sandfeld.

Ich kannte diese seltsame und eigentlich nur für botanisch Interessierte sehenswerte Pflanze erst durch Thomas' letzten Namibia-Bericht. Sie wirkt eher unansehnlich (obgleich der Entdecker ihr den botanischen Namen "W. mirabilis" = "die Wunderbare" gab), wie sie, halb verwelkt scheinend, etwa sternförmig sich mit den breiten graugrünen, spitz zulaufenden Blättern auf dem Sandboden ausbreitet. In Wirklichkeit hat sie nur zwei breite Blätter, die sich mehrfach gespalten haben. Die Pflanze kann hunderte von Jahren leben und erweist sich als Überlebenskünstlerin ersten Ranges. Man darf ihr nicht zu nahe treten (weshalb Steinkränze rund um sie markiert sind), weil die unterirdischen Teile Schaden nehmen könnten. – Auf dem Rückweg fahren wir durch das Swakoptal, das, wie erwartet, trocken ist. Trotzdem ist es recht grün hier; Kameldornakazien und Tamarisken gibt es eine ganze Menge. Der Fluss versorgt die durchlässige Senke unterirdisch mit Wasser.

Für den Nachmittag ist eine organisierte Exkursion in das Township Mondesa, eine Schwarzen-Siedlung bei Swakopmund, vorgesehen. Veranstalterin ist Charlotte Shigwedha, eine junge Owambo, die selbst aus Mondesa stammt und mit ihren "Mondesa Township Tours" (heute "Mondesa Cultural Tours") neben dem kommerziellen Aspekt auch eine soziale Absicht verfolgt. Denn die Familien, welche einem Besuch der weißen Gäste zustimmen, werden an den Einnahmen beteiligt. Die Begründerin ist für ihren Einsatz bereits ausgezeichnet worden.

Um 14:15 holt uns Charlotte mit einem alten Kombi ab. Wir suchen zunächst die ausgedehnte Siedlung Mondesa auf, die aus gleichförmigen einfachen Steinhäusern, etwa im Stil von Behelfsheimen, besteht und in den 50er Jahren entstanden ist.

In einem kleinen Raum nähen mehrere Frauen Kleider und textile Tragevorrichtungen für Babys, die auf den Rücken gebunden werden. Dann betreten wir das Haus von Charlottes Mutter Sofia, die dort mit ihrer Tochter Sammy sowie deren 3 Kindern lebt. Auch Charlotte hat drei Kinder; beide Frauen sind unverheiratet. Wir haben den Kindern auf Anregung Charlottes deutsche Schulfibeln oder Kinderbücher für Lernanfänger mitgebracht, auf die sich nicht nur die Kinder stürzen, sondern sogar die Großmutter. Deutsch zu lernen ist ein wichtiges Bildungsgut für namibische Kinder, weil die Berufschancen, vor allem im Kontakt mit Touristen, deutlich steigen. – Die Wände des Wohnraumes bestehen aus grün gestrichenem Beton; zur dürftigen Möblierung gehört eine alte Polstergarnitur. Es gibt elektrischen Strom und einen Fernseher. Im Kontrast zu letzterem zeigen uns die Frauen draußen (wo es auch eine Wasserstelle gibt), wie sie mittels schwerer Holzstampfer in einem stabilen Holzgefäß im Takt Hirsekörner zu Mehl pulverisieren. Das geschieht heute noch täglich auf diese archaische, aber wirkungsvolle Weise.

Wir fahren weiter zum offenen Markt innerhalb der Siedlung, wo neben dem üblichen Angebot an Textilien, Hausrat und Lebensmitteln auch Snacks verkauft werden: Auf offener Flamme Gegrilltes, darunter Pansen und, als Delikatesse, "Mopanewürmer" (die in Wirklichkeit Raupen des Mopanefalters sind). – Dann dürfen wir ein weiteres Haus betreten, in der eine in ihrer typischen Tracht gut gekleidete Herero namens Angelica wohnt. Ihre Wohnküche ist vergleichsweise gediegen eingerichtet und könnte auch in Deutschland anzutreffen sein. Dort unterhalten wir uns eine Weile mit der Frau.

Der nächste Besuch führt uns in das Elendsviertel DRC ("Democratic Resettlement Community"), eine dichtbewohnte Ansammlung erbärmlichster Hütten, welche sich völlig isoliert außerhalb der Stadt auf einer kahlen Ebene zusammendrängen wie eine Leprakolonie. Hier besuchen wir das Elendsquartier einer Damara-Familie. Die Unterkunft, die wir kurz betreten dürfen, ist das menschenunwürdigste, was ich je gesehen habe. Hier hausen sieben Frauen und sieben Kinder auf wenigen Quadratmetern. Es gibt keinen Strom und kein Wasser. Es ist dunkel und eng, und ich kann Einzelheiten nicht erkennen. Etwas wie eine "Einrichtung" gibt es ohnehin nicht, die Menschen schlafen auf dem Boden. Gekocht wird auf offenem Feuer draußen, wo sich tagsüber auch die Bewohner aufhalten und die Kinder spielen. Auf einer Leine hängt frisch gewaschene, saubere Wäsche. Die Hütte ist nicht aus gängigen Baumaterialen errichtet, es sind nur zusammengesuchte Abfälle aus Blech, Holz und Kunststoff. Das ebenfalls zusammengestückelte Dach ist nicht dicht. – Nachdem wir diesen Albtraum verlassen haben, schlägt Thomas vor, dass wir der Familie wenigstens ein neues Dach sponsoren wollen, und ich stimme gern zu. Er leitet diesen Plan umgehend in die Wege.

NACHBEMERKUNG: Inzwischen, einige Wochen nach unserer Rückkehr in die Heimat, nimmt dieses Projekt zunehmend Formen an: Charlotte hat richtigerweise entschieden, es nicht bei dem Dach zu belassen, denn es wäre fraglich, ob die maroden Wände ein Dach tragen würden. Stattdessen soll eine ganz neue Hütte aus Fertigteilen errichtet werden. Das Foto eines Prototypen, das uns inzwischen erreicht hat, zeigt: Die neue Behausung wird zwar sehr einfach, für die Bewohner aber ein Quantensprung sein.

Zum Schluss besuchen wir eine Nama-Familie, deren bescheidene Wohnraum-Einrichtung als passabel gelten kann. An der Decke brennt eine Energie-Sparlampe. Der drahtige grauhaarige Mann in Jeans und Holzfällerhemd, Josef mit Namen, ist ein origineller Mensch und begrüßt uns mit einem Hornsolo im Stil militärischer Trompetensignale, das er virtuos auf einem hohlen Kuduhorn bläst. Dann erläutert er uns humorvoll auf einer Wandtafel die Besonderheiten der Namasprache, zu denen die ungewöhnlichen Klicklaute gehören (einer davon entsteht beispielsweise durch Abreißen der Zunge vom Gaumen, ein anderer könnte als "Schnalzen" charakterisiert werden).

Die Amtssprache in Namibia ist im übrigen Englisch, daneben wird Afrikaans gesprochen und in den ethnischen Gruppen neben den bereits erwähnten Ovambo, Herero, Nama und Damara unzählige regionale Dialekte. Nicht wenige schwarze Namibier sprechen einigermaßen Deutsch; und im Straßenbild der Orte tauchen oft deutsche Worte auf (Gartenstraße, Bahnhofstraße, Bäckerei, Tischlerei usw.) sowie deutsche Eigennamen der Geschäftsleute. Gebräuchlich sind auch deutsche Vornamen bei den Schwarzen, selbst in der jüngeren Generation.

 

Freitag, 25. Juli

Nach einem Einkauf und Gang zur Bank setzen wir unsere Fahrt fort über die südliche Küstenstraße (jetzt B2) nach Walvis Bai. Dort drehen wir eine Runde durch den ansehnlichen Ort, verzichten aber auf einen Abstecher zu der Landzunge mit der Pelikan-Population und fahren weiter über die C14 landeinwärts. Die Piste führt durch den wüstenmäßigen Namib Naukluft Park, dessen Landschaft sich flach bis flachwellig und nahezu vegetationslos zeigt. Am Vogelfederberg legen wir im Schatten einer bizarr ausgehöhlten Felswand eine Pause ein. Am Sandboden beobachten wir flugunfähige Schwarzkäfer (Tenebrioniden) beim Liebesspiel. Diese Tiere haben sich trickreich der Hitze und der Trockenheit angepasst und ernähren sich u.a. von dem Tau, der sich nach dem nächtlichen Temperatursturz in der Wüste bildet.

Bei der Weiterfahrt geht der Sandboden in kurzes trockenes Gras über, und die ersten Springböcke und Strauße tauchen auf. Ein riesiges Siedelwebernest, dessen Gewicht der Ast kaum noch zu tragen vermag, weckt unser Interesse, und wir sehen den ersten Köcherbaum, dessen charakteristische Form nicht zu verwechseln ist. Er ist, botanisch betrachtet, eigentlich kein Baum, sondern eine Aloe. Die Buschmänner sollen aus ihren leicht auszuhöhlenden geraden Ästen Köcher für ihre Pfeile gefertigt haben. – Das gelbe Steppengras wird höher, und 4 Strauße sowie 3 Rüppeltrappen erscheinen vor unseren Augen.

Wir erreichen den Kuiseb-Canyon (vom River ist nur eine Pfütze zu sehen) samt dem gleichnamigen Gebirge und überqueren den Kuiseb-Pass. Dann folgt in südlicher Richtung ebenes Farmland. Als wir den Südlichen Wendekreis, der natürlich durch ein Schild markiert ist ("Tropic of Capricorn"), passieren, sehen wir die typische Szene, wie eine Touristin aus einem Reisebus vor dem Schild für ein Albumfoto posiert. Kurz darauf erreichen wir den Gaub-Pass, der freilich aus unserer Richtung keine nennenswerte Erhöhung darstellt. Nun verlassen wir die Namib und nähern uns dem nächsten Ziel: Die Solitaire Guest Farm.

Der Ort Solitaire besteht aus nicht viel mehr als einer Tankstelle mit Shop und 2-3 Häusern. Die Anlage der nahen Gästefarm hingegen lässt an Reiz nichts zu wünschen übrig. Schon im kakteenreichen Garten läuft uns ein zahmer Springbock über den Weg, und als wir das Haus betreten, begrüßt uns die junge Chefin mit einem zahmen Erdmännchen auf dem Arm. Sie erweist sich als eine Art Hobby-Tiermutter. Nachdem wir unsere Zimmer bezogen haben, lassen wir uns bald in der stilvollen offenen Halle zum Dinner nieder. Währenddessen bricht die Dunkelheit herein. Nach dem Essen (es wurde "Zebra Stroganoff" gereicht) gehen wir ein Stück hinaus, um den südlichen Sternenhimmel zu bewundern, das "Kreuz des Südens" und die wunderbar erkennbare Milchstraße. Als sich im Dunkeln ein großes Tier nähert, glaubt Bärbel schon, es sei ein Gepard, – es ist aber nur der friedliche schwarze Haushund, ein Rhodesischer Ridgeback, wie wir erfahren.

Hier übrigens, in Solitaire, entstand vor 5 Jahren bei Thomas die Idee, mir als seinem alten Vater zu ermöglichen, auch einmal an diesen Ort zu kommen. Und nun ist es Wahrheit geworden.

 

Samstag, 26. Juli

Wir fahren weiter über die C19 durch eine ebene Buschsavanne und sehen links von uns die Naukluftberge. Die Hänge der umliegend auftauchenden Hügel sind übersät mit braunen Granitbrocken, die durch gelben Graswuchs belebt sind. Zwei Springböcke lassen sich sehen, sowie ein Weißbürzelsinghabicht auf einem Baum. Wir biegen ab nach Westen und erreichen gegen Mittag über Sesriem den Naturpark Sossusvlei, ein Gebiet mit zahlreichen roten Sanddünen, die zu den größten der Welt gehören.

Unser Quartier Sossus Dune Lodge ist vom Feinsten: Da keine ebene Grundfläche für die Bauten zur Verfügung steht, hat man die hübschen runden Bungalows quasi als Pfahlbauten errichtet, die man über dem flachgeneigten roten Geröllhang mittels eines langgestreckten Holzsteges, ebenfalls aufgeständert, erreicht. Der Parkplatz liegt etwas unterhalb der Lodge, und wir werden von einer Art Golfwagen abgeholt, um in der ebenfalls runden Rezeptionshütte mit einem Apero begrüßt zu werden. Die Einrichtung unserer Hütte ist geschmackvoll und gediegen.

Gegen 13:15 starten wir mit unserem Wagen und erreichen nach ca. 60 km über eine Asphaltstraße in der überwiegend vegetationsarmen Umgebung, die zum Sossus Vlei Naturpark gehört, einen einsamen Parkplatz mit Blick auf die rote Dünenlandschaft. Ab hier geht es mit einem gemieteten Shuttle-Pickup mit Vierradantrieb und schwarzem Fahrer weiter über tiefsandige Pisten, welche den Wagen schon mal ins Schleudern bringen. Wir werden an einem Punkt abgesetzt, von dem aus wir zu Fuß eine hohe Düne erreichen können, hinter der sich unser Ziel verbirgt: Das Dead Vlei. Der Anstieg durch den feinen tiefen Sand ist ziemlich mühsam, und ich merke schon, dass ich besser auf die zweite geplante Unternehmung, auf einer anderen höheren Düne den hier legendären Sonnenuntergang abzuwarten, verzichten sollte. Oben ruhe ich mich wie Bärbel im spärlichen Schatten des Dünenkamms aus, während Thomas in die vor uns liegende Senke des Dead Vlei weiter marschiert. Das Vlei ähnelt einem bis zur Trockenheit verlandeten Moor, aus dessen gelblich schimmernder Oberfläche einige uralte abgestorbene Bäume ragen. Die Farbwirkung zusammen mit dem roten Dünenhintergrund und dem tiefblauen Himmel ist eindrucksvoll.

Als Thomas wieder bei uns ist, mache ich ihn auf eine neue, diesmal graue, gesprenkelt aussehende Käferart aufmerksam, die ich im sandigen Untergrund der Düne krabbeln sah. (Inzwischen wissen wir, dass es sich um Onymacris rugatipennis, einen Nebeltrinker-Käfer, handelt.)

Um 16:15 sind wir pünktlich am Treffpunkt zurück, um vom letzten Shuttle-Pickup abgeholt und zu unserem Parkplatz zurückgebracht zu werden. Hier erleben wir wenigstens andeutungsweise die besondere Abendstimmung dieser reizvollen roten Dünenlandschaft. – Nach der Rückkehr im Camp finden wir uns zum Dinner im Lodge-Restaurant ein, dessen Bau architektonisch gut zu der Gesamtanlage passt.

 

Sonntag, 27. Juli

Unsere Weiterfahrt in südlicher Richtung über Sesriem und die C27 führt uns entlang der Nubib-Berge ein Stück durch das Naturreservat Namib Rand. Dann haben wir es wieder beiderseits mit gelbem Savannen-Farmland zu tun, auf dem hin und wieder dunkelbraunes Vieh weidet. Rechterhand sind in der Ferne noch lange die Ausläufer der roten Dünen von Sossus zu sehen. Die Bergzüge, die uns auf der linken Seite begleiten, sind jetzt flächendeckend mit gelbem Gras bewachsen. Dann werden sie durch braune Granithügel abgelöst. Verkehrsschilder warnen vor dem Auftauchen von Zebras, später von Giraffen; wir begegnen aber nur drei Straußen, diesmal mit Jungen.

Wir legen nach dem Überqueren einer der zahlreichen flachen und trockenen Furten unter einem schattigen Kameldornbaum eine Rast ein. Bald nehmen wir die unverkennbare Witterung einer Raubkatze wahr, sehen aber nichts von ihr. Möglicherweise ein Gepard, der sich im hohen Gras hinter dem Weidezaun verbirgt. – Dann durchqueren wir die östlichen Ausläufer der Tirasberge. – Am Straßenrand sehen wir häufig Nester von Webervögeln, welche in Ermangelung von Bäumen auf der Spitze von Telegrafenmasten erbaut wurden. Auf einem sitzt äußerst dekorativ ein Weißbürzelsinghabicht, aber er fliegt davon, bevor Thomas ihn in dieser Stellung fotografieren kann. – In der flachen gelben Savanne erscheinen nun beiderseits seltsame Berge, welche exakt aussehen, als hätte ein Riese eine Menge rotbrauner Granitbrocken auf die Erde geschüttet. – Im Hintergrund zeichnen sich die Umrisse eines Tafelberges ab.

Wir erreichen Helmeringhausen, eigentlich nur eine Häusergruppe mit unserer Lodge, die an der Kreuzung mehrerer Fernstraßen liegt. Nach der Übernahme unserer Zimmer besteigen wir zunächst über den "Sundowner Trail" einen nahen Aussichtshügel, der mit roten Felstrümmern übersät ist, bei denen wir prompt einen Klippschliefer zu sehen bekommen. Oben genießen wir den Sonnenuntergang über der Ebene. – Das vorzügliche Abendessen servieren uns der schwarze Koch sowie der junge weiße Chef, dessen fast karikaturhaft anmutende servile Attitüde seine diesbezügliche Orientierung nicht zu verbergen versucht.

 

Montag, 28. Juli

Bei der Weiterfahrt am Morgen über die C13 laufen uns gleich einige Klippschliefer über den Weg. Die Farbe der Straße wechselt zwischen rot und grau; die einsame Ebene ringsum ist überwiegend gelb vom Gras. Die meist braunroten Berge beiderseits sind von unterschiedlicher geologischer Struktur und gehören noch zum Tiras-Gebirge. Linkerhand ist wieder der Tafelberg zu sehen. In der jetzt offenen Ebene rechts beobachten wir 4 Strauße.

Auf der linken Seite sehen wir eine der selten anzutreffenden Viehherden, nah dabei 3 Strauße, rechterhand ebenfalls 3. Ein großer Monolith überragt die gelbe Ebene. Wir passieren den gesichtslosen Ort Aus und wechseln zur B4 nach Westen, um der Bahnlinie zur Küste zu folgen. Auf der flachen Grassteppe sehen wir 9 Strauße und ein Wildpferd. Das letztere scheint zu den Nachfahren jener Trakehner zu gehören, die nach dem Ersten Weltkrieg von der abrückenden Schutztruppe zurückgelassen wurden.

Die Umgebung, vor allem auf der Nordseite, wird immer karger und vegetationsloser; langsam nimmt sie den Charakter einer Mondlandschaft an. Es ist uns bekannt, dass das Betreten des Geländes auf der linken Straßenseite streng verboten ist, weil es sich um ein "Diamanten-Sperrgebiet" handelt. – Bald sind dort in einiger Entfernung in den Sandhügeln die verstreuten Häuser der "Geisterstadt" Kolmanskop zu sehen, deren Besuch uns erlaubt ist, da wir ein Permit erstanden haben. Nachdem 1908 in der Umgebung die ersten Diamanten entdeckt worden waren und der Boom der Diamantsucher florierte, entstand hier eine Siedlung für die Angestellten der Diamantminen-Gesellschaft, die an Luxus ihresgleichen suchte. Später verfiel alles, der Wüstenwind wehte die leerstehenden Gebäude mit Sand zu, und übrig blieb eine Ruinensiedlung als Touristenattraktion. Einige Zweckbauten (Kasino, Theater, Restaurant, Turnhalle) restaurierte man für das Publikum; der Rest versinkt allmählich im Sand.

Zehn Kilometer weiter erreichen wir Lüderitz, die älteste Stadt Namibias, die wie die übrigen ihre Entstehung zur Zeit der deutschen Kolonialherrschaft nicht verleugnen kann. Wir sehen viel Jugendstil-Architektur und auch hier wieder eine Vorliebe für die Verwendung von Fachwerk in den Fassaden und Türmchen, auch wenn es nicht echt ist. Unsere Accomodation mit origineller Architektur hat den Namen "Kratz Platz", was unschwer auf die deutschen Begründer schließen lässt.

Solange es noch hell ist, unternehmen wir einen Stadtbummel, suchen aber zunächst nach dem Hafen, an dessen Erscheinungsbild ich einige Erwartungen knüpfe. Wir geraten jedoch an der "Waterfront" nur in ein unansehnliches Gewerbegebiet; und Thomas überzeugt mich ohnehin, dass ich meine romantischen Erinnerungen an die pittoresken Fischerhäfen Dänemarks und anderswo vergessen muss, wenn ich den hiesigen Hafen sähe. So steigen wir wieder hinauf zur Felsenkirche und finden bald in einem Coffee-Shop genau den von Thomas erhofften Apfelkuchen ("Appeltert"). Als Besonderheit kann man sich die Kaffeesorte für den Cappucino selbst aussuchen; Thomas wählt äthiopischen, Bärbel solchen aus Malawi, ich bleibe bei "normalem" Kaffee. Abends im Restaurant bestellen wir uns "Grilled Sole", die sich als köstliche Seezunge – zu einem Spottpreis! – erweist.

 

Dienstag, 29. Juli

Wir fahren die B4 zurück nach Osten und erleben den Wechsel der Landschaft diesmal in umgekehrter Richtung von der Sandwüste zur Grassavanne. Hier sehen wir links 3, rechts 8 Strauße. An dem einsamen kleinen Bahnhofsgebäude Garub neben der Bahnlinie entdeckt Thomas eine kleine braun-weiß gemusterte tote Schlange, deren Kopf zerquetscht ist (was sie nicht daran hindert, von einem Stein zu kriechen, auf den Thomas sie für ein Foto drapiert hat, – rätselhaft!). – Ab Aus, das wir schon kennen, bleiben wir diesmal auf der B4 in östlicher Richtung und folgen weiter der Bahnlinie, wobei die Straße zunächst durch reine gelbe Grassteppe verläuft. Später mehren sich die grünen Büschel am Boden, die für mich von weitem oft wie verteilte Maulwurfshügel anmuten. Vor uns ist ein Tafelberg, der sich beim Näherkommen zu teilen scheint. Alle Wasserläufe, die wir in flachen Furten überqueren, sind trocken.

Der Ort Goageb besteht eigentlich nur aus einer Bahnstation mit Verladerampe für Vieh, einer Tankstelle und einem winzigen Shop. Als wir ihn betreten, stehen wir vor einem starken, am oberen Rand zusätzlich mit Elektrodraht gesicherten Eisengitter, das den eigentlichen Laden vom Käufer trennt. Die Ware und das Geld wird zwischen den Gitterstäben hindurch gereicht.

Wir fahren an den Ausläufern des Tafelbergs vorbei. Die Piste wird ziemlich wellig, und wir nähern uns dem Fish River, dessen Bett unter der Brücke kein Wasser führt. Aber wir sehen 2 Wildpferde. Hinter der Brücke lädt uns ein Rastplatz mit Tisch und Bank ein, wo wir eine Kaffeepause einlegen. In Ermangelung einer Baumkrone soll hier ein flaches Metalldach Schatten spenden, aber der fällt wegen des niedrigen Sonnenstandes nicht auf die Sitzgruppe, sondern auf den Sandboden dahinter. So sitzen wir in der vollen Sonne.

Bei der Weiterfahrt auf der B4 (der in der Karte verzeichnete Ort Seeheim erweist sich offenbar als nicht mehr existent) lassen wir den Ort Keetmannshoop unberührt und steuern unser weiter außerhalb liegendes Ziel an, das Quiver Tree Forest Rest Camp auf der Gariganus Farm. Der Name nennt den hiesigen "Köcherbaum-Wald", der in seiner Größe Seltenheitswert hat. – Obwohl wir diese Unterkunft nicht im Voraus gebucht hatten, finden wir hier ein Quartier. Die offenbar aus Glasfiber-Bauteilen errichteten Bungalows erinnern an Iglus. Ich habe meinen eigenen (mit 5 Betten), dessen Eingang über ein paar Stufen zu erreichen ist, die drinnen wieder ein Stück hinunter führen. Die Innen-Ausstattung lässt nichts zu wünschen übrig.

Es gibt Kaffee und Kuchen, und bald darauf können wir an der Fütterung zweier gezähmter Geparden teilnehmen. Die junge Tierwärterin reicht ihnen nacheinander große Fleischstücke, die jeweils gierig in Angriff genommen werden. Während des Fressens animiert die Frau mutige Zuschauer, die Raubkatze von der Vorderseite her am Kopf zu kraulen, während sie das Halsband im Griff hat, wozu sowohl Bärbel und Thomas als auch ich bereit sind. Die Tiere lassen sich dabei bei ihrer Mahlzeit nicht stören.

 

Mittwoch, 30. Juli

Auf dem Hof nahe dem Hauseingang der Farm hat zwischen Felstrümmern eine Gruppe halbzahmer Erdmännchen ihre Bauten angelegt, etwa 20 Exemplare sind es, die dort ohne Scheu herumwuseln und hin und wieder aufrechtstehend um sich schauen. Des weiteren tummelt sich ein ebenfalls zahmes Warzenschwein namens "Otti" auf dem Gelände, ein ausgewachsener Keiler, den wir so aus nächster Nähe beobachten können.

Wir machen uns auf den Weg zum Köcherbaum-Wald, der sich auf einer mit rotem Geröll bedeckten Anhöhe ausdehnt. Mir erscheint das Risiko eines verstauchten Knöchels beim Klettern über die Felsbrocken zu groß, und ich trete mit Bärbel den Rückweg zur Farm an, während Thomas noch weiter in das unwegsame Gelände mit den interessanten Bäumen vordringt.

Vor der Weiterfahrt suchen wir mit unserem Wagen noch eine weitere Attraktion auf, die zum Farmgebiet gehört: den "Giant's Playground" (Spielplatz der Riesen), wo wir eine Runde zu Fuß über den vorgesehenen Trail machen. Das, was wir sehen, sieht in der Tat so aus, als wären zentner- bis tonnenschwere rote Felsstücke kunstvoll übereinandergetürmt. Manche Schichtungen wirken so gewagt, dass das statische Problem beträchtlich gewesen wäre, hätten Menschen diese ebenso bizarren wie instabil erscheinenden Bauwerke errichten wollen. In Wirklichkeit wurde hier nichts übereinander geschichtet, sondern seit Jahrtausenden hat sich die Position der sichtbaren Steinbrocken nicht verändert; lediglich weicheres Material dazwischen ist infolge unaufhaltsamer Erosion (die Geologen sprechen von "Wollsackverwitterung") aufgelöst worden und verschwunden, wahrscheinlich vom Wind weggetragen. Entstanden ist ein wahres Naturwunder.

Wir fahren nun in den Ort Keetmannshoop, um zu tanken und uns mit Wasser und Proviant einzudecken, dann folgen wir wieder der Bahnlinie über die B1 nach Norden. Die Savanne ist flach bis flach-wellig, die Vegetation wechselnd. In der Ferne zeigt sich wieder ein Tafelberg. Wieder irritiert mich, dass wir nach Norden fahren, aber die Mittagssonne vor uns sehen. – In Asab legen wir eine kurze Rast ein, dann geht es weiter durch die gleiche Landschaft bis Mariental.

Unsere Unterkunft liegt 20 km außerhalb des Ortes, und über hügelige bis flache Savannenlandschaft erreichen wir die einsam gelegene Kalahari Anib Lodge. Wir haben dieses Quartier nicht (wie alle anderen bis Lüderitz) lange im Voraus gebucht, sondern es erst wenige Tage zuvor nach einer Empfehlung durch andere Reisende telefonisch reserviert. Bei der Ankunft werden wir mit einem Glas Saft empfangen, und in den Bungalows wartet eine Karaffe Sherry auf den Gast zur Begrüßung.

Das Dinner wird später im großen und vollbesetzten Speisesaal eingenommen (es gibt 4 Gänge, darunter Springbock-Rouladen). Der schwarze Manager verkündet vor dem Essen die Menüfolge auf Englisch, dann wiederholt einer der Angestellten zum Vergnügen der Gäste die Rede in der Sprache der Nama mit den ungewöhnlichen Klicklauten. Da ein weiblicher Gast offenbar Geburtstag hat (ihre Begleiter hatten Sekt bestellt), gibt es eine weitere Zugabe: Das schwarze gemischte Personal formiert sich am Tisch zu einem kleinen Chor und singt auf Englisch "Happy Birthday" samt einer afrikanischen Version auf Nama. Anschließend geben sie afrikanische Gesänge und Tänze zum Besten. Diese fröhliche und wohlklingende Darbietung hebt die Stimmung im Saal merklich.

Am Abend setzen wir drei uns vor unseren Bungalows in die Liegestühle am Pool und genießen bei einem Glas Sherry den Sonnenuntergang und den südlichen Sternenhimmel, während sich der kleine Hund der Lodge auf Thomas' Schoß kuschelt.

 

Donnerstag, 31. Juli

Vormittags unternehmen wir eine dreistündige Rundwanderung ab Quartier durch die Kalahari. Der sandige Weg durch die gelbe Grassavanne ist markiert, aber überwiegend schattenlos.

Nach der Rückkehr erfrischen Thomas und ich uns mit einem kurzen Bad im eiskalten Pool, dessen unerwartete Tiefe mich überrascht. Nichtschwimmer wären bei unbedachtem Hineinsteigen in ziemlicher Gefahr. Dann entspannen wir uns bei einer Tasse Kaffee und frischen Butter-Croissants vom Frühstücksbuffet.

Gegen 15:30 starten wir zu der gebuchten Sundowner-Tour durch die Kalahari, von der wir zu Fuß schon ein Stück kennen gelernt haben. Wir fahren mit drei vollbesetzten offenen Landrovern, die mit Sitzbänken und Sonnendach versehen sind. Unser schwarzer Guide gibt interessante Erläuterungen ab bei den Stopps, so bei einem großem Siedelwebernest wie auch bei Einzelnestern der Webervögel. Diese birnenförmigen kleinen Nester hängen mit der Öffnung nach unten stets am äußersten Ende eines relativ dünnen Zweiges, damit Baumschlangen sie nicht erreichen können. – Unterwegs sehen wir Springböcke, Oryx-Antilopen, ein Steinböckchen, Strauße und eine Zebra-Herde. Ein besonderer Clou ist die Vorführung einer Gruppe von 5 verlassenen Straußeneiern, die im roten Sand liegen. Ihre enorme Festigkeit lässt es zu, dass sich unser Guide freistehend mit den Füßen auf je ein Ei stellt, ohne dass es zerbricht. – Wir erreichen schließlich eine Kette roter Sanddünen, die sich von hier bis Botswana erstrecken sollen und fahren auf eine hinauf. Oben packen die Fahrer einen Imbiss und Unmengen gekühlter Getränke aus (ich zähle an die 40 Flaschen und Dosen), und ein Klapptisch wird aufgestellt. Während wir uns bedienen, erleben wir den wirklich spektakulären Sonnenuntergang über der Kalahari. – Die halbstündige Rückfahrt durch die Wildnis zur Lodge erfolgt anschließend im Dunkeln, wobei die Scheinwerfer nicht eingeschaltet werden. – Während bei Antritt der Fahrt unsere leichte Bekleidung der sengenden Hitze angepasst war, müssen wir uns nunmehr gegen die hereinbrechende Nachtkälte durch Wolldecken schützen, in die wir uns zusätzlich zu den Fleecejacken und Anoraks hüllen.

 

Freitag, 1. August

Wir fahren zurück zur B1, halten kurz in Kalkrand zum Tanken und Einkaufen, und weiter geht es nach Norden. Am einsamen Straßenrand warten hier und da Einheimische, die Felle und Matten zum Verkauf an Touristen anbieten. Gegen 11 Uhr passieren wir zum zweiten Mal den südlichen Wendekreis ("Tropic of Capricorn"), wo für uns nun die geografischen Tropen beginnen. Beiderseits der Straße begleiten uns die Ausläufer des Khomas-Hochlandes. – Wir überqueren den Oanob River, der ausnahmsweise Wasser führt, auf einer Brücke, und erreichen Rehoboth, einen größeren, aber nicht sonderlich attraktiven Ort. – Die Straße steigt allmählich an, und bald sind wir am Endpunkt unserer Reise angelangt: in Windhoek, wo wir gegen 12 Uhr eintreffen. Der Verkehr in den Straßen der namibischen Hauptstadt ist beträchtlich. Jedenfalls kommt es uns so vor, die wir aus der einsamen Wildnis kommen.

Wir müssen bei der Autoverleihfirma Hertz vorbei, dann geht es wieder zur "Pension Moni", unserem letzten (und ersten) Quartier. – Thomas und Bärbel wollen noch einmal über die Souvenir-Märkte bummeln; mir ist eher nach Ausruhen. Das Abendessen nehmen wir ausnahmsweise europäisch ein, indem wir in der Mall ein italienisches Restaurant aufsuchen.

 

Samstag, 2. August

Wir verlassen die Pension früh um 4:30 ungefrühstückt und fahren zum fast 50 km weit außerhalb liegenden Flughafen, wobei der erste Teil der Fahrt durch die dunkle und menschenleere Stadt bis zur B8 führt. Bei Hertz liefern wir den Leihwagen ab; dann checken wir ein. Um 8:30 starten wir mit der LTU (airberlin) nach München, wo wir um 19:20 Ortszeit eintreffen. Nach 70 Minuten Wartezeit bringt uns die Anschlussmaschine nach Düsseldorf, wo wir um 21:30 landen. Um 23 Uhr bin ich wieder zu Hause.  

Essen, im August 2008
© Rolf Schoch